Physikübung 10: Optimaler Abwurfwinkel für maximale Wurfweite

Bei einem schiefen Wurf ist die maximale Wurfeichweite von dem Abwurfwinkel, der Abwurfhöhe und der Anfangsgeschwindigkeit abhängig. Im Folgenden möchte ich zeigen wie man auf einen analytischen Ausdruck für den optimalen Winkel in Abhängigkeit von der Anfangsgeschwindigkeit und der Abwurfhöhe kommt.

Aufgabe:
Ein Stein wird mit einer Geschwindigkeit v0 in einer Höhe h unter einem Winkel α zur Horizontalen geworfen.
Bestimmen Sie den Winkel α so, dass die Wurfweite maximal wird.
(Für eine ähnliche Aufgabe siehe: Physik Übung 5: Schiefer Wurf )

Lösung:

Die Bewegungsgleichungen lauten:

x(t) = v0,xt

y(t) = v0,yt – ½gt² + h

Dabei ist v0,x= v0cos(α) die Anfangsgeschwindigkeit des Steins in die X-Richtung und v0,y= v0sin(α) in die Y-Richtung.

Damit wir die maximale Reichweite bestimmen können, muss diese Bewegungsgleichung der X-Richtung in Abhängigkeit von dem Abwurfwinkel bestimmt werden, das heißt die Flugdauer td muss durch andere (gegebene) Größen ausgedruckt werden.

Die Flugdauer td setzt sich zusammen aus der Zeit, die der Stein braucht bis er die maximale Höhe erreicht und der Zeit von diesem Punkt aus bis er wieder auf den Boden fällt.

td = ts + tf

Zuerst bestimmen wir ts.
Dazu nutzen wir aus, dass an der Stelle ts die Flugbahn ein Maximum besitzt. Wir leiten y(t) ab, setzen die erste Ableitung gleich Null und bestimmen ts.

y'(t) = v0,y – gt
y'(t) = 0
v0,y – gt = 0
t = v0,y / g

Somit ist die Steigzeit ts = v0,y / g .

Als Nächstes bestimmen wir die Fallzeit. Das ist die Zeit, die der Stein vom obersten Punkt der Bahn bis zum Boden benötigt.
Wir bestimmen den obersten Punkt, also das Maximum der Flugbahn. Dazu setzen wir ts in y(t) ein.

[math]
H = y(t_s) = \frac{v_{0,y}^2}{g} – \frac{1}{2}g\frac{v_{0,y}^2}{g^2} + h \\
= \frac{1}{2}\frac{v_{0,y}^2}{g} + h

[/math]

Aus der Höhe H fällt der Stein gleichmäßig beschleunigt, also nach s = ½gt² zum Boden.

H = ½gt²
[math]\frac{1}{2}\frac{v_{0,y}^2}{g} + h = \frac{1}{2}g t_{f}^2[/math]
[math]t_{f} = \frac{1}{g} \sqrt{2 g h + v_{0,y}^2}
[/math]

Damit haben wir die gesamte Flugdauer td.

[math]
t_d = \frac{v_{0,y}}{g} + \frac{1}{g} \sqrt{2 g h + v_{0,y}^2}
[/math]

Setzen wir diese Zeit in die X-Bewegungsgleichung ein, so bekommen wir eine Beziehung zwischen der maximalen Reichweite R, der Anfangsgeschwindigkeit v0, der Abwurfhöhe h und dem Abwurfwinkel α.

[math]
R = v_0 cos(\alpha) [ \frac{v_0 sin(\alpha)}{g} + \frac{1}{g} \sqrt{2 g h + v_{0}^2 sin^2(\alpha) } ]
[/math]

Wir formen die Gleichung etwas um in dem wir v0² und 1/g aus der Klammer raus ziehen.

[math]
R = \frac{v_{0}^2}{g} cos(\alpha) [ sin(\alpha) + \sqrt{\frac{2 g h}{v_{0}^2} + sin^2(\alpha) } ]
[/math]

Um die maximale Reichweite zu bekommen, leiten wir diese Gleichung nach α ab und setzen die erste Ableitung gleich Null.
Bei der Ableitung muss zuerst die Produktregel und bei der Wurzel die Kettenregel angewandt werden.
Wir machen es Schrittweise.

[math] \frac{d R}{d\alpha} = U \frac{d V}{d \alpha} + V \frac{d U}{d \alpha}[/math]

Dabei legen wir fest U und V folgendermaßen fest.

[math] U = \frac{v_{0}^2}{g} cos(\alpha) [/math]

[math] V = sin(\alpha) + \sqrt{\frac{2 g h}{v_{0}^2} + sin^2(\alpha) } [/math]

Die Ableitung von U ist einfach.

[math] \frac{d U}{d \alpha} = – \frac{v_{0}^2}{g} sin(\alpha) [/math]

Bei der Ableitung von V muss wie schon erwähnt die Kettenregel angewandt werden, d.h. zuerst die äußere Ableitung berechnen und dann mit der inneren Ableitung multiplizieren.

[math] \frac{d V}{d \alpha} = cos(\alpha) + \frac{cos(\alpha) sin(\alpha)}{\sqrt{\frac{2 g h}{v_{0}^2} + sin^2(\alpha) } } [/math]

Jetzt können wir die gesamte Ableitung hinschreiben.

[math]
\frac{d R}{d\alpha} = \frac{v_{0}^2}{g} cos(\alpha) [ cos(\alpha) + \frac{cos(\alpha) sin(\alpha)}{\sqrt{\frac{2 g h}{v_{0}^2} + sin^2(\alpha) } } ] – \frac{v_{0}^2}{g} sin(\alpha) [ sin(\alpha) + \sqrt{\frac{2 g h}{v_{0}^2} + sin^2(\alpha) } ]
[/math]

Damit die Gleichung nicht so monströs aussieht (wir wollen hier niemanden Angst einjagen ;) ) und etwas handlicher wird, führen wir eine Abkürzung ein.

[math] A = \sqrt{\frac{2 g h}{v_{0}^2} + sin^2(\alpha) } [/math]

[math]
\frac{d R}{d\alpha} = \frac{v_{0}^2}{g} cos(\alpha) [ cos(\alpha) + \frac{cos(\alpha) sin(\alpha)}{A} ] – \frac{v_{0}^2}{g} sin(\alpha) [ sin(\alpha) + A ]
[/math]

Als nächstes ziehen wir den Kosinus aus der ersten Klammer raus.

[math]
\frac{d R}{d\alpha} = \frac{v_{0}^2}{g} cos^2(\alpha) [ 1 + \frac{sin(\alpha)}{A} ] – \frac{v_{0}^2}{g} sin(\alpha) [ sin(\alpha) + A ]
[/math]

Jetzt setzen wir diese Gleichung gleich Null, multiplizieren sie mit g und teilen durch v0².

[math]
cos^2(\alpha) [ 1 + \frac{sin(\alpha)}{A} ] – sin(\alpha) [ sin(\alpha) + A ] = 0
[/math]

Wir multiplizieren die Gleichung mit A.

[math]
cos^2(\alpha) [ A + sin(\alpha) ] – A sin(\alpha) [ sin(\alpha) + A ] = 0
[/math]

Man sieht schon, man kann die Klammer (sin(α) + A) ausklammern.

[math]
[ A + sin(\alpha) ] [ cos^2(\alpha) – A sin(\alpha)] = 0
[/math]

Da es sich um ein Produkt zweier Terme handelt, können die einzelne Terme gleich Null setzen.
Betrachten wir zuerst den ersten Term.

[math]
A + sin(\alpha) = 0
[/math]

[math]
\sqrt{\frac{2 g h}{v_{0}^2} + sin^2(\alpha) } + sin(\alpha) = 0
[/math]

Da wir fordern, dass der Winkel α > 0 und 2gh/v0 > 0 , hat diese Gleichung keine Lösung.
Schauen wir uns den zweiten Term an.

[math]
cos^2(\alpha) – A sin(\alpha) = 0
[/math]

Wir benutzen die Beziehung cos²(x) + sin²(x) = 1.

[math]
1- sin^2(\alpha) = A sin(\alpha)
[/math]

Wir setzen A wieder ein und quadrieren auf beiden Seiten.

[math]
(1- sin^2(\alpha))^2 = (\frac{2 g h}{v_{0}^2} + sin^2(\alpha) ) sin^2(\alpha)
[/math]

[math]
1 – 2 sin^2(\alpha) + sin^4(\alpha) = \frac{2 g h}{v_{0}^2} sin^2(\alpha) + sin^4(\alpha)
[/math]

[math]
1 = sin^2(\alpha) ( \frac{2 g h}{v_{0}^2} + 2)
[/math]

[math]
sin(\alpha) = \frac{1}{ \sqrt{\frac{2 g h}{v_{0}^2} + 2}}
[/math]

[math]

\alpha = arcsin( \frac{1}{ \sqrt{\frac{2 g h}{v_{0}^2} + 2}} )

[/math]

Setzt man in diese Gleichung die Abwurfhöhe und die Wurfgeschwindigkeit ein, so bekommt man den optimalen Winkel für die maximale Wurfreichweite.

Viel Spaß beim Nachrechnen ;)

9 Gedanken zu „Physikübung 10: Optimaler Abwurfwinkel für maximale Wurfweite“

  1. Hey, Ich habe mich beim Nachrechnen gefragt, wie man von
    [math] \frac{1}{2}g\frac{v_{0,y}^2}{g} + h = \frac{1}{2}g t_{f}^2 [/math]
    zu
    [math] t_{f} = \frac{1}{g} \sqrt{2 g h + v_{0,y}^2} [/math]
    kommt. Ich verzweifle hier grade ;)

  2. Hallo. Gar nicht ;) Der Faktor g nach 1/2 ist zu viel. Ich habe es jetzt abgeändert.
    Danke, dass du aufgepasst hast. Wenn du noch weitere Fehler findest, dann alles her damit ;)

  3. “ [math] \frac{d R}{d\alpha} = \frac{v_{0}^2}{g} cos^2(\alpha) [ 1 + \frac{sin(\alpha)}{A} ] – \frac{v_{0}^2}{g} sin(\alpha) [ sin(\alpha) + A ] [/math]

    Jetzt setzen wir diese Gleichung gleich Null, multiplizieren sie mit g und teilen durch v0. “

    Soll wohl v0² stehen nehm ich an? ^^

  4. Man kann das ganze viel viel einfacher rechnen!!!

    Zerlege 2d-Wurfbahn in x (horizontal) und y (vertikale) Wegkomponenten.

    Stein schlägt auf, wenn y-Komponente aufgrund der Anfangsgeschwindigkeit aufgezehrt ist, also gleich der y-Komponente aufgrund des freien Falles ist:

    v0*sin(a)*t = 1/2 * g * t² (Gl. 1) daraus folgt sofort die Aufschlagszeit t

    Wurfweite s ist dann einfach die x-Komponente der AnfangsGeschwindigkeit mal die Aufschlagszeit t,

    also s = v0*cos(a)*t, Leitet man das nach dem Winkel a ab und setzt es 0 erhält man sofort den Winkel des Maximums. Er beträgt 45°.

    Das war jetzt mit Anfangshöhe h = 0. Ansonsten muss man auf der linken Seite von Gl. (1) h addieren.

    Feddich!

  5. Natürlich muss man die Zeiten nicht getrennt berechnen. Schadet aber dem Verständnis nicht ;)
    Verwendet man aber eine Anfangshöhe ungleich Null so erhält man auch nach der Methode von Herrn Dr. Beikircher wieder die obere Gleichung R.

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